Experiment der Woche: Rotkohlzauber

07.12.2020

Aufgeschnittener RotkohlIn der Natur finden sich vielfältige Signale. Das können Laute, Duftstoffe oder Farben sein. In jedem Fall sagen sie etwas über den Zustand desjenigen aus, der diese Signale abgibt. So weisen beispielsweise gelbe Flecken in den Kastanienblüten darauf hin, dass diese unbestäubt sind. Hingegen sind bereits bestäubte und somit im Nahrungsangebot uninteressante Kastanienblüten mit rosa Flecken versehen. Bienen nutzen diese Information beim Nektar- und Pollensammeln.

Der zugrundeliegende Mechanismus ist eine chemische Reaktion, bei der ein Farbstoff sich in unterschiedlichem Milieu verändert. Er dient somit als Anzeiger für das Milieu.

Wie genau funktionieren solche Farbstoffänderungen und was können wir daraus schlussfolgern? Diesen Fragen gehen wir in den folgenden Versuchen nach.

Regional unterschiedlich wird Rotkohl entweder als Blaukraut oder als Rotkraut bezeichnet. Als Kohlgewächs hängt die ausgeprägte Farbe bei ihm deutlich von den Bodenbedingungen ab. Handelt es sich um eher basische Böden, ist der Rotkohl blau, sind die Bodenstoffe eher sauer, so ist der Rotkohl rötlich.

Bei welchen zwei Pflanzen tritt ebenfalls im Laufe der Zeit oder durch Milieuänderung ein Farbwechsel auf?

Versuch 1

Dazu wird benötigt: Schneidebrett, leere Liter-Flasche, Filterpapier, Schüssel, Wasser, großes Messer, kleines Messer, Rotkohl und eine Schöpfkelle

So wird es gemacht: Den Rotkohl auf das Schneidebrett legen und gut festhalten. Dann den Rotkohl vorsichtig mit dem großen Messer in zwei Teile schneiden (gern als Erwachsener unterstützen). Einen Teil zerkleinern, indem der Rotkohl zuerst in Scheiben und anschließend mit dem kleinen Messer in Stückchen geschnitten wird (siehe Abbildung).

Hinweis: Im Umgang mit den Messern ist es wichtig, dass man besonders achtsam ist, um sich nicht zu verletzen. Unbedingt als Erwachsener dabei sein und ggf. unterstützen.

Rotkohl Versuch 1

Die Rotkohlstückchen in eine Schüssel geben und so viel Wasser dazu gießen, bis der Rotkohl davon leicht bedeckt ist. Den Rotkohl eine Weile im Wasser liegen lassen und gelegentlich umrühren. Der „Rotkohlsaft“ (= Extrakt) ist fertig, sobald das Wasser die dunkle lila Farbe angenommen hat.


Versuch 2

Material für Versuch 2

Dafür wird benötigt: kleine Becher (ca. 2cl), verschiedene Seifen, Spüli und waschpulver, Pipetten oder Trinkhalme, kleine Schälchen, Rotkohlsaft aus Versuch 1, Glas (ca. 200 ml) und Haushaltsessig.

Hinweis: Bitte besonders achtsam im Umgang mit den Waschmitteln und Seife. Das Experiment soll nur in Gegenwart eines Erwachsenen durchgeführt werden.

So wird es gemacht: Den Rotkohlsaft aus Versuch 1 in ein Glas (so lässt er sich besser portionieren) füllen und ihn zunächst in drei kleine Becher pipettieren. Dazu die kleinen Schälchen nutzen, um dort entweder Essig oder eine der verschiedene Seifen, Spüli oder Waschmittel einzufüllen.
Zu jeder Portion Rotkohlsaft eines der oben genannten Mittel (z. B. Essig in ein Gefäß, Spüli in ein zweites und Waschmittel in ein drittes) geben. Dabei darauf achten, dass für jede Probe eine eigene Pipette oder einen eigenen Trinkhalm genutzt wird. Ggf. mit einem Trinkhalm umrühren.

Frage ExperimentWas passiert mit dem Rotkohlsaft? Welche Farben lassen sich erkennen?


Hier das passende Arbeitsblatt zu unserem Experiment der Woche "Rotkohlzauber" zum KOSTENLOSEN Download.


Auswertung

Viele Substanzen in unserem Alltag nutzen wir regelmäßig, ohne ihre eigentliche Auswirkung zu kennen. Spülmittel oder Seife hilft beispielsweise dabei, Fett im Abwaschwasser „löslich“ zu machen. Essig kennen wir vor allem aus der Küche vom Anmachen des Salats. Aber auch in Putzmitteln ist er oft zugegen.

Beide Substanzen bewirken allerdings zusätzlich dazu eine Veränderung des Milieus. So werden Lösungen etwa bei Essigzugabe angesäuert und bei Seifenzugabe basisch. Der sogenannte pH-Wert ändert sich. Obwohl dieser Begriff für die Jahrgänge 5 und 6 noch keine Relevanz hat, lassen sich doch die darauf beruhenden Phänomene sehr gut beobachten und für eine erste Erarbeitung von Nachweisreaktionen mittels Vergleichsproben heranziehen.

In der Natur beruhen viele Signale auf Farbänderungen, die sich auf eine pH-Wert-Änderung zurückführen lassen. Die im Frühjahr in üppiger Pracht zu findenden Kastanienblüten (Weiße Rosskastanie, Rote Rosskastanie) weisen z. B. ebendiese Farbänderung auf. Gelbe Flecken (sogenannte Saftmale) in den Kastanienblüten zeigen an, dass diese unbestäubt sind, wohingegen bereits bestäubte und somit im Nahrungsangebot uninteressante Kastanienblüten mit rosa Flecken versehen sind. Dahinter steckt der Mechanismus einer chemischen Reaktion, im Zuge derer ein Farbstoff in Abhängigkeit des Milieus (dessen pH-Wert) seine Konformation wechselt. Dadurch ändert sich seine Absorption und die für das Auge sichtbare Farbe. Bienen nutzen diese Information beim Nektar- und Pollensammeln.
Auch im Rotkohl ist solch ein Farbstoff enthalten – man spricht von Indikator (= Anzeiger). Er weist im sauren Milieu (niedriger pH-Wert, hohe H+-Konzentration) eine andere Farbe auf als im basischen (hoher pH-Wert, niedrige H+-Konzentration). Im Zuge der Einstiegsfragen wird die Sensibilisierung der Wahrnehmung fokussiert, um anschließend die Nutzung einer Farbstoffreihe als Nachweis herauszuarbeiten.

Beispiele für Pflanzen, bei denen im Laufe der Zeit oder durch Milieuänderung ein Farbwechsel auftritt:
Geflecktes Lungenkraut, Wandelröschen, Vergissmeinnicht, Hortensie, Lenzrose, Blumenhartriegel

Um die Farbreihe aus Rotkohlsaft (= Extrakt) aufzustellen, wird dieser zunächst in Versuch 1 eigenständig hergestellt. Für Schüler*innen mit wenig Erfahrung im Küchenbereich stellt dies bereits eine deutliche Kompetenz- und Erkenntniserweiterung dar. Im Umgang mit Messern ist auf die notwendige Sorgfalt und Achtsamkeit sowie die Aufsicht Erwachsener hingewiesen.
In der Überlegung, wie nur das farbige Wasser in eine Flasche gefüllt werden kann, sind vielfältige (in Aufwand und Effizienz unterschiedliche) Wege denkbar: es ist möglich, die Rotkohlstückchen mittels Sieb abzuschöpfen und den Saft entsprechend aufzufangen. Ebenso könnten etwas mühseliger die Gemüseteile aus dem Sud herausgefischt werden oder es lässt sich eine Filtration durchführen.
Für welche Trennungsmethode sich die Schüler*innen auch entscheiden, am Ende sollte eine ausreichende Menge (ca. 750 ml) Rotkohlsaft vorliegen. Das Durchführen erlaubt hierbei, den Grenzen und Bedingungen der Verfahren eigenständig auf den Grund zu gehen.

Rotkohlsaft Filtration

Im Zuge des 2. Experiments werden zuerst unterschiedliche Mengen an Essig (zum Ansäuern) bzw. Seife oder Waschmitteln (zum Anlaugen) eingesetzt. Schrittweise nähern sich die Lernenden der Möglichkeit, eine Farbreihe als Indikator für das Milieu zu erstellen. Die Abhängigkeit der Farbänderung von der Menge und Art der zugefügten Substanzen ist schnell gefunden. Dabei weist die Rotkohllösung allerdings nicht die gezeigte brillante Farbabstufung auf, da in den meisten haushaltsüblichen Seifen und Waschmitteln zahlreiche Zusatzstoffe und Tenside enthalten sind.

Bei Essigzugabe wird der zunächst lila Saft (neutrales Milieu) eine Rosafärbung annehmen, wohingegen eine Seifenzugabe (wenn es nicht gerade hautneutrale Seife ist) eher eine blaue oder grüne Verfärbung hervorruft.

In Abstufungen zeigen die Farbentwicklung mit zunehmendem Säuregehalt nach links (violett, pink, rosa, rot), respektive mit zunehmendem „Seifen“-Gehalt nach rechts (dunkellila, blau, grün, gelb).

In der Fachsprache ist von Anzeiger (= Indikator) die Rede, weil die Farbe des Rotkohlsafts unmittelbar mit der Menge an Säure (oder Seife) in der Lösung zusammenhängt. Da weder säure- noch seifenhaltige Lösungen für Organismen gut verträglich sind, oftmals aber die Fragestellung danach ist, welche Eigenschaften eine Lösung hat, kann so ein Anzeiger sehr hilfreich sein. So wird bei entsprechendem Säuregehalt eine Farbe ebendiesen anzeigen und auch bei basischem pH-Wert vice versa.

Sicherheitshinweise:

Im Handhaben der Messer ist hohe Achtsamkeit geboten, um Verletzungen zu vermeiden. In dieser Altersklasse ist ein angemessener Umgang mit Werkzeugen und Materialien zu erwarten, dennoch empfehlen wir, diese Experimente nur unter Aufsicht Erwachsener oder geeigneter Betreuungs- und Aufsichtspersonen durchführen zu lassen.

Da auch Seifen, Waschmittel und Spüli genutzt werden, ist dafür ebenfalls ein achtsames Verhalten und Ver-wenden unter Aufsicht empfohlen. Niemals dürfen beim Experimentieren mit Lösungen diese probiert oder geschluckt werden. Im Falle unsachgemäßen Einsatzes der Waschmittel/Seife/Spüli kann es zu Organ- und Gesundheitsschäden führen.



Haben wir das Interesse an naturwissenschaftlichen Experimenten geweckt?

Hier eine kleine Auswahl unsererExperimentier-Sets für den Sachunterricht.